Tok - Chicken - Boundary - Dawson City, Yukon Territory, Kanada
Tok - Chicken - Boundary - Dawson City, Yukon Territory, Kanada


Zeitreise zum Goldrausch
Tag 5 : Tok - Chicken - Boundary - Dawson City


Aus dem Buch: 24 Tage am Beginn der Panamericana - Jetzt bestellen


Echt kanadisch


So früh wie wir am Abend zuvor ins Bett gegangen sind, starten wir auch heute nach Kaffee, Müsli, Dosenobstsalat und Danish (supersüße Backwaren) wieder. Der Taylor Highway führt uns nach Norden in die Berge. Anfangs ist die Straße noch asphaltiert und wir können die Hochlagen schnell erklimmen. Oben angekommen schalten wir jedoch einen Gang zurück, denn es müßte genau die richtige Zeit sein, um Karibous zu sichten. Im Frühjahr wechseln die Tiere alljährlich in großen Rudeln von ihren Winterrevieren nahe des kanadischen Whitehorse auf die Sommerweiden nördlich von Fairbanks.
selbstbewußtes Tankstellendesign Chicken, Alaska 2000


Eine eigentlich weite und einsame Strecke mit einer Ausnahme: den Taylor Highway müssen sie dabei zwingend überqueren. Gespannt folgen unsere Augen der Straße, Schilder weisen darauf hin, daß die Jagd auf Karibous verboten ist und an jeder übersichtlichen Stelle halten wir an und suchen mit unserem Sehvermögen und dem Zoom der Videokamera Felder und Lichtungen ab. Auch ein Wildhüter begegnet uns, der mit ähnlicher Taktik vorgeht wie wir. Er fährt einige Hundert Meter, parkt dann mitten auf dem Highway und stellt den Motor ab um wieder zu warten. Eine Zeit lang passen wir uns an, hoffen, daß seine Erfahrung ihm hilft die richtige Stelle zu finden und uns das Glück bringt, Karibous zu sehen, aber schließlich geben wir auf.

Obwohl uns der Asphalt verläßt, ist es immer noch der Taylor Highway, der uns nach Chicken bringt. Eigentlich wollten die ersten Siedler den Ort nach der Schneehuhnart benennen, die Ihnen hier häufig über den Weg und wahrscheinlich auch auf's Lagerfeuer hüpfte. Da sich die Siedler nicht einigen konnten, wie man Ptarmigan schreibt, wurde einfach der Oberbegriff Chicken genommen.

Beautiful Downtown Chicken prangt nicht ganz unsarkastisch an der Tankstelle, die zugleich das Herz des Ortes darstellt. Daneben befinden sich ein Souvenirladen, die einzige Bar des Ortes und das Chicken Creek Café, alle miteinander verbunden und alle gehören den gleichen Besitzern wie auch dei Tankstelle. Es ist auch kein größeres Problem, alle vier Gewerbe gleichteitig zu betreiben, da es schon ein großer Zufall wäre, wenn mehrere Gäste auf einmal einträfen.

Wir strollen durch den Laden und lassen uns mit Kaffee und Kakao in der Bar nieder. Ein Local sitzt direkt neben dem Holzofen und wirft immer wieder einen Holzscheit nach, obwohl das Feuer die anderen gar nicht so schnell aufzehren kann. Wir gewinnen den Eindruck, als wäre er nach den Wintermonaten in der Wildnis in die Bar gekommen, um aufzutauen. Bezüglich seiner Zunge schien das nicht ganz zu gelingen, wir wechselten zwar einige Worte, aber es war unheimlich schwierig, seine Interpretation von Englisch zu verstehen.

Neben solchen Unikaten ist die Decke der Bar einen Besuch schon wert. Baseball-Caps und T-Shirts aus aller Welt hängen von der Decke, versehen mit Unterschriften, Sprüchen und Daten. Selbst jahrealte Shirts sind noch nicht verblichen, da Sonne den Weg in die Bar kaum finden dürfte. Es reizt mich, eines unserer selbstgedruckten Panamericana-Shirts zu opfern und als Andenken zurückzulassen, aber Claudia bringt mich zur Vernunft und wir lassen das Chicken Creek Café ohne Erinnerung an uns zurück.

Einen Stop legen wir noch beim Postamt (!) von Chicken ein, um dafür zu sorgen, daß wir zumindest in Deutschland in Erinnerung bleiben, und bei einer Golddredge (Schwimmbagger), die man neben dem Mosquito Fork auf Grund gesetzt hat. Das gut erhaltene Stück ist jedoch weiträumig abgesperrt, so daß man es nicht näher inspizieren kann und der Regenvorhang läßt uns nach zwei schnellen Fotos wieder ins Auto springen.

Nur kurze Zeit später hört der Regen auf und wir finden am South Fork direkt neben der Straße eine weitere Golddredge, alt und verrostet zwar, dafür aber ein Stück Geschichte und kein restauriertes Ausstellungsstück. Es gibt auch keine Absperrungen hier und keine Schilder, die Dredge ist genug Warnung an sich. Ein Teil der Seitenverkleidung ist weggerissen und ein Blick ins Innere zeigt, daß jede Erkundungstour lebensgefährlich ist. Viele der Planken, die den Boden des Schwimmbaggers bilden sind geborsten, Rost scheint allgegenwärtig aber hat es noch nicht geschafft, Dinge zu zersetzen. Auch die Loren, die zu jedem Bagger gehören sind verschwunden und zieren wahrscheinlich Vorgärten irgendwo in Alaska und Kanada.
alte Golddredge South Fork, Alaska 2000


Wir müssen ohne eine Lore weiterfahren, keine einzige ist mehr übrig und sie wäre wohl auch nur schwer zu transportieren gewesen. Bei Jack Wade Junction dreht der Taylor Highway Richtung Eagle nach Norden ab, während wir auf den Top of the World Highway nach Osten wechseln, der sich seinen Namen gleich verdienen will. Die Piste gleicht dem Steese Highway, allerdings bereitet uns das Wetter mehr und mehr Schwierigkeiten je höher wir steigen.

Boundary bietet uns eine letzte kurze Verschnaufpause von der schlittrigen Fahrt, bevor wir den letzten Paß zur Grenze in Angriff nehmen. Irgendwo im Niemandsland, zwischen dem Alaska-Schild und der eigentlichen Grenze schlägt das Wetter dann vollständig um. Im Schneesturm tasten wir uns voran, die eigentliche Strecke ist kaum noch zu erkennen und wüßten wir nicht die Grenze dicht vor uns, würden wir vielleicht umkehren und in Boundary Schutz suchen.Unser Auto verhält sich gut auf der sich schnell schließenden Schneedecke, die Sicht ist das Problem.

Aber schließlich erreichen wir die kaum auszumachende Grenze. Vor uns steht ein Willkommensschild des Yukon Teritorry, der grauweiße Container, der die Zollstation darstellen soll ist kaum wahrzunehmen im Weiß von Himmel und Erde. Einen Moment warten wir vor dem Schild, daß uns die Weiterfahrt verbietet, doch kein Zöllner scheint sich bei diesem Wetter zu uns rauszuwagen. Also überfahren wir die Linie und halten vor dem Yukon- Schild. Ich suche gerade unsere Ausweise zusammen, um mich auf den Weg zum Container zu machen, als aus dem verschneiten Nichts eine Grenzbeamtin an unser Auto herantritt. Kaum öffne ich das Fenster, werden wir schon beschuldigt, unerlaubt die Grenze überquert zu haben. Auch der gute Wille, ihr den Weg durch den Schneesturm abzunehmen, wird nicht akzeptiert, es sei verboten, den Container zu betreten. Um die fruchtlose Diskussion nicht weiter zu vertiefen, entschuldige ich mich. Während sie unsere Papiere studiert, fliegen immer mehr Flocken in die Wärme des Autos. Die Fragen, ob wir Waffen, Drogen, aus Fellen oder Knochen gearbeitete Gegenstände oder Alkohol dabei haben können wir alle guten Gewissens verneinen. Auch die Lebensmittel würden wir ihr benennen und sie opfern, wenn sie danach fragt, doch langsam schien auch ihr der Schnee zu durchdringend zu werden und sie ließ die Frage aus. Etwas umständlich fischt sie Stempel und Stempelkissen aus den Tiefen ihrer Jacke und läßt uns einreisen, was wir auch tun, nachdem wir notdürftig versuchen den ganzen Schnee wieder aus unserem Auto zu kriegen.

Das Wetter schlägt uns etwas auf die Stimmung, da unser Plan für Dawson City fast ausschließlich im Freien stattfindet. Doch je weiter wir vom amerikanischen Dach der Welt wieder absteigen, desto mehr verbessert sich das Wetter. Zudem hat die kanadische Seite den Top of the World Highway bis zur Grenzstation asphaltiert, so daß die Abfahrt wesentlich leichter wird als die Auffahrt. An der Grenze zum Stadtbezirk von Dawson City erwartet uns schon ein Vorgeschmack auf die Gebäude der Stadt. An einer kleinen Haltebucht hat man ein Haus stilisiert, dessen eine Seite nur eine Bretterbude darstellt, die andere jedoch eine tolle Fassade. Das soll sich als typisch erweisen.
Kanadische Flagge Dawson City, Kanada 2000


Immer weiter geht es bergab bis ins Tal des Yukon, an dessen Westufer sich das YHA von Dawson City befindet. Wir wollen versuchen ein paar Dollar zu sparen und schauen uns eine der Doppelzimmer-Hütten an. 30 kanadische Dollar wäre wirklich ein Schnäppchen gegenüber den Preisen der letzten Nächte. Es ist jedoch wieder Mal an Claudia den entscheidenden Haken zu entdecken, den die schönen und sauberen Hütten haben. In der berechtigten Erwartung, das alle Reisende die durch Jugendherbergen tingeln ihre Schlafsäcke dabei haben, haben die Häuser keine Heizungen. Auch das Angebot des Herbergsvaters, uns Decken zur Verfügung zu stellen, erweckt in uns nicht genug Vertrauen und wir versuchen unser Glück doch lieber in der Stadt.

Der Top of the World Highway dürfte wohl der einzige in Nordamerika sein, dessen Strecke durch eine Pendelfähre unterbrochen wird. Was bei uns zu einem Verkehrschaos führen dürfte, ist im Westen Kanadas kein Problem. Wir nehmen die kostenlose Fähre und setzen über nach Dawson City, wo wir direkt auf das gut informierte Visitor Center stoßen. Die Preise sind mit einer Ausnahme nur leicht unter dem alaskischen Niveau. Das White Ram Manor hat noch vorsaisonale Preise und würde uns ein Doppelzimmer für CAD 49 anbieten. Für den Preis erwarten wir eigentlich enttäuscht zu werden und erleben eine angenehme Überraschung. Das pinke Haus wird von Heidi und ihrer Oma bewirtschaftet. Zahlreiche Zimmer stehen zur Verfügung und wieder einmal stehen wir vor der Wahl shared oder für CAD 10 mehr private bath zu nehmen. Da wir am frühen Nachmittag noch die einzigen Gäste sind, geben wir uns mit shared zufrieden, was letztendlich bedeutet, daß uns zwei Badezimmer zur Verfügung stehen.

Wir suchen uns ein Zimmer aus und beginnen uns bei plötzlich strahlend blauem Himmel einen ersten Überblick über die Stadt zu verschaffen und schlendern entlang des Yukon River. Unterwegs begegnen uns immer wieder Touristen, in diesem Fall zum einen eindeutig am Alter zu erkennen, zum anderen an dem Namensschild das sie tragen. Auf der Vorderseite prangt Vorname des Touristen und seiner Reisegesellschaft, was auf der Rückseite steht können wir nur mutmaßen. Etwa die tägliche Pillenration oder eher etwas in dieser Form: Mein Name ist Bob, falls ich verloren gehe, rufen Sie bitte kostenlos folgende Telefonnummer an ...

Nach dem Spaziergang ruhen wir uns noch etwas aus bevor das Abendprogramm startet. Zuerst geht es zum Chinesen. Auch wenn das auf den deutschen Geschmack abgestimmte süß-sauer hier nicht zu finden ist, erhalten wir gute und große Portionen, deren Reste wir diesmal auch in eine doggy bag passen lassen. Gegen Müdigkeit und Trägheit durch das viele Essen müssen wir zwar etwas ankämpfen, aber das Abendprogramm ist klar: Diamond Tooth Gertie's.

USD 6 nimmt man uns dafür ab, daß wir in das Jahr 1890 eintauchen. Can Can bestimmt das Bühnenprogramm, Croupiers tragen mit Buchhalterklammern geraffte Hemden, die Bedienungen weite Kleider. Von den Spieltischen lassen wir die Finger, einer der Roulette-Spieler sorgt allerdings für Aufmerksamkeit. Regelmäßig baut er seine Chips um die 20 auf und immer wieder bringt ihm das Glück. Auch ein wiederholtes Wechseln der Croupiers scheint sein Glück nicht zu beeinträchtigen. Wir genießen es eher zuzuschauen, genüßlich einen Cocktail zu trinken und der Bühnenshow zu folgen, in die immer wieder auch gerne ein Bob-Charakter eingebunden wird.

Laut Gertie hört man in Dawson City erst auf zu feiern, wenn die Sonne untergeht. Wer immer das um diese Jahreszeit versucht, ist zum Scheitern verurteilt, denn bis zum nächsten Sonnenuntergang werden noch Wochen vergehen. So nehmen wir die zweite Bühnenshow als gelungenes Ende eines anstrengenden Tages und suchen unser Motel auf.

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